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Im Laufe meiner empirischen Recherchen über die verschiedenen Gesichtshälften meiner Modelle und die damit erstellten rechten und linken Schimären, griff ich zu einem Buch, was noch ungeöffnet in meiner Bibliothek lag.

Es war "Erinnerungen, Träume, Gedanken" von Carl Gustav Jung.

Darin schreibt er von seinen zwei Persönlichkeiten. Die Persönlichkeit Nummer 1, die nach aussen als normal und angepasst erschien, und die Persönlichkeit Nummer 2, die von seiner Aussenwelt anfangs nur mit Unverständnis und Ablehnungen betrachtet wurde und die er auch als Jugendlicher auf Kosten seiner Gesundheit zu unterdrücken versuchte. Später machte ihn diese Persönlichkeit Nummer 2 zum berühmten Psychologen und Essayisten, der er gewesen ist.



Er schrieb:

"In meinem Leben hat die Nr. 2 die Hauptrolle gespielt, und ich habe immer versucht,
dem freien Lauf zu lassen, was von Innen her an mich heran wollte."

Spielerisch trennte ich die zwei Gesichtshälften des Portraits von Jung, das auf dem Cover des Buches abgebildet ist. Mir fiel intuitiv auf, dass seine rechte Gesichtshälfte die Beschreibung seiner Persönlichkeit Nr.1 ausdrückt und die linke Gesichtshälfte die der Persönlichkeit Nr.2. Auffällig ist, dass die rechte Seite unbeschwert und aufgeschlossen wirkt, die linke Gesichtshälfte dagegen eher introvertiert und überlegen. Diese Attribute reflektieren genau die Essenz der beschriebene Persönlichkeiten von Jung.

Zu dieser Zeit hatte ich schon meine Hypothese der weiblichen linken Schimäre und der männlichen rechten Schimäre entwickelt. Ich wagte die Aspekte der Persönlichkeiten von Jung in meine Theorie einzubinden, indem ich die beschriebene Persönlichkeit 1 von Jung zu meiner männlichen, rechten Schimäre und die Nummer 2 zu meiner weiblichen, linken Schimäre zuordnete.

Meine Schimären bekamen dadurch neue Parameter:
Die rechte Schimäre würde unser zeitgenössisches Bewusstsein wiederspiegeln und die linke Schimäre unser kollektives genetisches Unterbewusstsein.

Hier ein paar Passagen aus dem Buch, die mich besonders inspirierten.

... "Da fiel mir zu meiner größten Verwirrung ein, daß ich eigentlich und in Wirklichkeit zwei verschiedene Personen war. Die eine war der Schuljunge, der die Mathematik nicht begreifen konnte und nicht einmal seiner selbst sicher war, die andere war bedeutend, von großer Autorität, ein Mann, der nicht mit sich spassen ließ, mächtiger und einflußreicher als dieser Fabrikant. Er war ein alter Mann, der im 18. Jahrhundert lebt und Schnallenschuhe trägt und eine weiße Perücke und in einer Kalesche fährt mit hohen, konkaven Hinterrädern, zwischen denen der Kutschenkasten an Federn und Lederriemen aufgehängt ist." ...

... "Als alle Aufsätze besprochen waren, machte der Lehrer eine Atempause und sagte dann:

«Jetzt habe ich noch einen Aufsatz, -den von Jung. Er ist weitaus der beste, und ich hätte ihm den ersten Platz gegeben. Aber leider ist er ein Betrug. Wo hast du ihn abgeschrieben? Gesteh die Wahrheit!» ...

... Damals hatte ich zweifellos noch keinen Unterschied zwischen den Persönlichkeiten Nr. l und Nr. 2 gesehen, sondern hatte auch die Welt von Nr. 2 als meine persönliche Welt in Anspruch genommen; doch bestand immer ein hintergründiges Gefühl, daß noch etwas anderes als ich selber dabei war - etwa wie wenn ein Hauch aus der großen Welt der Gestirne und der endlosen Räume mich berührt hätte, oder wie wenn ein Geist unsichtbar ins Zimmer getreten wäre. Einer, der längst vergangen und doch immerwährend bis in ferne Zukunft im Zeitlosen gegenwärtig wäre." ...

... "Alle diese Eigenschaften wie Lächerlichkeit, Gemeinheit, Dummheit, Lügenhaftigkeit und diese abscheuliche Eigenliebe kannte ich nur zu gut aus mir selbst, d.h. aus jener Persönlichkeit Nr. 1, dem Schuljungen von 1890. Daneben gab es jedoch einen Bereich, wie einen Tempel, in dem jeder Eintretende gewandelt wurde. Von der Anschauung des Weltganzen überwältigt und seiner selbst vergessend konnte er nur noch wundern und bewundern. Hier lebte “der Andere”, der Gott als ein heimliches, persönliches und zugleich überpersönliches Geheimnis kannte. Hier trennte nichts den Menschen von Gott. Ja, es war, wie wenn der menschliche Geist zugleich mit Gott auf die Schöpfung blickte." ...

... "Spiel und Gegenspiel zwischen den Persönlichkeiten Nr. l und Nr. 2, die sich durch mein ganzes Leben zogen, haben nichts mit einer «Spaltung» im üblichen medizinischen Sinne zu tun. Im Gegenteil, sie werden bei jedem Menschen gespielt. Vor allem sind es die Religionen, die seit jeher zu Nr. 2 des Menschen, zum «inneren Menschen», gesprochen haben. In meinem Leben hat Nr. 2 die Hauptrolle gespielt, und ich habe immer versucht, dem freien Lauf zu lassen, was von Innen her an mich heranwollte." ...